Veröffentlicht am April 18, 2024

Digitale Gesundheit ist mehr als eine App: Es ist Ihre Chance, vom passiven Patienten zum aktiven Co-Manager Ihrer Gesundheit zu werden.

  • KI-Diagnosen sind oft präziser, doch die finale medizinische Verantwortung bleibt immer beim behandelnden Arzt.
  • Ihr Recht auf Datenschutz ist kein Hindernis, sondern erfordert eine bewusste Steuerung durch Sie, insbesondere beim elektronischen Patientendossier (EPD).

Empfehlung: Nutzen Sie digitale Tools nicht als Ersatz, sondern als Vorbereitung für einen fundierteren, datengestützten Dialog mit Ihrem Arzt und Ihrer Ärztin.

Die digitale Transformation des Gesundheitswesens ist in vollem Gange und verspricht eine Revolution in Diagnose, Behandlung und Prävention. Als Patient in der Schweiz stehen Sie vor einer Flut von Informationen: Gesundheits-Apps, künstliche Intelligenz (KI) in der Radiologie, Telemedizin und das elektronische Patientendossier (EPD). Man hört oft Ratschläge wie „tracken Sie Ihre Schritte“ oder „schützen Sie Ihre Daten“. Doch diese oberflächlichen Tipps kratzen nur an der Oberfläche eines tiefgreifenden Wandels. Sie lassen die entscheidende Frage unbeantwortet: Wie können Sie diese Werkzeuge nicht nur nutzen, sondern aktiv steuern, um Ihre Gesundheitsversorgung konkret zu verbessern?

Die wahre Herausforderung liegt in einem Paradox, das gerade in der Schweiz besonders ausgeprägt ist: Wir haben Zugang zu einer der besten medizinischen Versorgungen der Welt, hinken aber bei der Digitalisierung hinterher. Doch was, wenn der Schlüssel nicht darin liegt, passiv auf die Einführung neuer Technologien durch das System zu warten? Was, wenn die eigentliche Innovation in der Veränderung Ihrer Rolle als Patient liegt? Es geht darum, vom reinen Empfänger von Leistungen zum souveränen und mündigen Partner im Gesundheitsprozess zu werden – zum digitalen Co-Manager Ihrer eigenen Gesundheit. Dies erfordert eine neue Kompetenz: die Fähigkeit, digitale Angebote kritisch zu bewerten, ihre Grenzen zu verstehen und sie gezielt für einen informierten Dialog mit Ihren Gesundheitsfachpersonen einzusetzen.

Dieser Leitfaden ist Ihr Navigator durch diese neue Landschaft. Wir werden nicht nur aufzeigen, was technologisch möglich ist, sondern Ihnen konkrete Strategien an die Hand geben. Sie erfahren, wie Sie die Spreu vom Weizen trennen, wann ein Umstieg auf digitale Lösungen sinnvoll ist und wie Sie KI-gestützte Diagnosen richtig einordnen. Ziel ist es, Ihnen die Kontrolle zurückzugeben und Sie zu befähigen, die Vorteile der digitalen Medizin sicher und selbstbestimmt für bestmögliche Gesundheitsresultate zu nutzen.

Um Ihnen eine klare Orientierung zu geben, beleuchtet dieser Artikel die entscheidenden Aspekte der digitalen Gesundheit aus Ihrer Perspektive als Patient. Der folgende Überblick führt Sie durch die zentralen Themen, von der Auswahl der richtigen Tools bis zur Bewertung modernster KI-Diagnosen.

Warum digitale Gesundheitstools die Diagnosepräzision um durchschnittlich 30% verbessern?

Digitale Werkzeuge wie KI-gestützte Bildanalyse oder vernetzte Diagnosesysteme können die Präzision medizinischer Befunde erheblich steigern. Der Grund liegt in ihrer Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten und Muster zu erkennen, die für das menschliche Auge unsichtbar oder schwer zu interpretieren sind. Ein Algorithmus kann Millionen von Referenzbildern in Sekunden abgleichen und so subtile Anomalien hervorheben, die auf eine frühe Krankheitsphase hindeuten. Dies führt zu weniger Fehldiagnosen und ermöglicht eine schnellere Einleitung der richtigen Therapie. Dieser Vorteil ist umso wichtiger in einem Kontext, in dem die Digitalisierung noch nicht flächendeckend fortgeschritten ist.

Überraschenderweise belegt die Schweiz im Digitalisierungsgrad ihres Gesundheitswesens nur Platz 14 von 17 Ländern laut einer Studie von Oliver Wyman aus dem Jahr 2024. Dies steht im starken Kontrast zur Exzellenz der medizinischen Versorgung. So brillieren Schweizer Spitäler wie das CHUV in Lausanne oder das Inselspital in Bern in internationalen Rankings regelmässig und setzen bereits auf digitale Innovationen in Spezialgebieten wie der Neurologie oder Onkologie. Für Sie als Patient bedeutet dies: Die modernsten Diagnose-Tools sind potenziell verfügbar, aber nicht immer standardmässig integriert. Ihre proaktive Nachfrage und Offenheit können hier den entscheidenden Anstoss geben, um von diesen präziseren Methoden zu profitieren.

Ärztin betrachtet holografische Gesundheitsdaten in modernem Schweizer Spital

Die Vision ist ein vernetztes System, in dem Ihre Gesundheitsdaten sicher und nahtlos zwischen Spezialisten fliessen, um eine ganzheitliche und präzise Diagnose zu ermöglichen. Digitale Tools sind die Brücke, um die Lücke zwischen der analogen Praxis und den Möglichkeiten der modernen Datenanalyse zu schliessen und so die Behandlungsqualität auf ein neues Level zu heben.

Wie wählen Sie als Patient die richtigen digitalen Gesundheitsanwendungen für Ihre Bedürfnisse?

Der Markt für Gesundheits-Apps ist riesig und unübersichtlich. Die Auswahl der richtigen Anwendung erfordert daher eine kritische Bewertungskompetenz. Es geht nicht darum, die App mit den meisten Funktionen zu finden, sondern diejenige, die sicher, zuverlässig und für Ihr spezifisches gesundheitliches Anliegen relevant ist. Eine gute App sollte Sie dabei unterstützen, Ihre Gesundheit besser zu verstehen, Daten für Ihren Arztbesuch zu sammeln oder eine Therapie konsequent umzusetzen. Der erste Schritt ist immer, den konkreten Zweck zu definieren: Möchten Sie Ihren Blutdruck überwachen, Ihre Medikamenteneinnahme organisieren oder Symptome für eine chronische Erkrankung dokumentieren?

Ein zentrales Qualitätsmerkmal ist die Zertifizierung. Apps, die als Medizinprodukt gelten – also zur Diagnose, Überwachung oder Behandlung von Krankheiten dienen – müssen in der Schweiz und der EU eine **CE-Kennzeichnung** tragen. Diese signalisiert, dass die App grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt. Jedoch ist Vorsicht geboten: Bei Apps, die als Medizinprodukte gelten, muss man von einer eher geringen Zertifizierungsrate ausgehen. Achten Sie daher proaktiv auf dieses Kennzeichen.

Weitere entscheidende Kriterien sind der **Datenschutz** und die **Transparenz**. Eine seriöse App verfügt über eine klare, verständliche Datenschutzerklärung und ein vollständiges Impressum mit Sitz in der Schweiz oder der EU. Seien Sie skeptisch bei überzogenen Heilversprechen und intransparenten Kostenmodellen. Empfehlungen von Ihrem Arzt, Ihrer Krankenkasse oder von unabhängigen Fachgesellschaften sind ebenfalls wertvolle Orientierungshilfen. Letztendlich ist die beste App diejenige, der Sie vertrauen und die sich nahtlos in Ihren Alltag und Ihre Behandlungsstrategie integrieren lässt.

Gesundheitsdaten teilen oder schützen: Wo liegt die richtige Balance für optimale Behandlung?

Die Frage, wem Sie Ihre Gesundheitsdaten anvertrauen, ist zentral für Ihre **Gesundheits-Souveränität**. Es ist ein ständiger Daten-Balanceakt zwischen dem Schutz Ihrer Privatsphäre und dem Nutzen, der durch das Teilen von Informationen für eine bessere Behandlung entsteht. In der Schweiz wurde mit dem **elektronischen Patientendossier (EPD)** ein Instrument geschaffen, das genau diesen Spagat meistern soll. Die Grundidee des EPD ist es, Ihnen die volle Kontrolle zu geben: Sie als Patient entscheiden, welche Gesundheitsfachperson (Arzt, Spital, Therapeut) auf welche Ihrer Dokumente (Befunde, Rezepte, Austrittsberichte) zugreifen darf – und für wie lange.

Waage symbolisiert Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung im Gesundheitswesen

Obwohl das EPD als sichere und patientenzentrierte Lösung konzipiert ist, ist seine Akzeptanz bisher erschreckend gering. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) nutzten Ende 2023 gerade einmal 0,2 Prozent der Bevölkerung das EPD. Diese Lücke zwischen Potenzial und Realität zeigt die grosse Unsicherheit vieler Patienten. Die richtige Balance liegt jedoch nicht im kompletten Abschotten, sondern in der bewussten und gezielten Freigabe. Überlegen Sie bei jeder Entscheidung: Welchen Nutzen hat es für meine Gesundheit, wenn mein Kardiologe den letzten Bericht meines Lungenfacharztes einsehen kann? In den meisten Fällen überwiegt der Vorteil einer koordinierten und informierten Behandlung die theoretischen Risiken.

Ihre Aufgabe als mündiger Patient ist es, sich mit den Zugriffsrechten des EPD aktiv auseinanderzusetzen. Anstatt aus Angst gar nichts zu teilen, vergeben Sie differenzierte Berechtigungen. So stellen Sie sicher, dass relevante Informationen für Ihre Behandlung zur Verfügung stehen, während Sie gleichzeitig die Kontrolle über Ihre sensiblen Daten behalten. Dieser bewusste Umgang ist der Kern einer modernen Gesundheitskompetenz.

Die 5 Warnzeichen unseriöser Gesundheits-Apps, die Ihre Gesundheit gefährden statt schützen

Während viele Gesundheits-Apps wertvolle Unterstützung bieten, gibt es leider auch schwarze Schafe, die mehr schaden als nutzen. Unrealistische Heilversprechen, mangelhafter Datenschutz oder gar fehlerhafte Berechnungen können ernsthafte gesundheitliche Risiken bergen. Als Patient ist es daher unerlässlich, die Warnzeichen unseriöser Anbieter zu kennen, um sich und seine Daten zu schützen. Ihre kritische Bewertung ist die erste und wichtigste Verteidigungslinie.

Die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte, Swissmedic, warnt explizit vor den Gefahren nicht zertifizierter Anwendungen. Wie Swissmedic im Magazin Spectra berichtet, zeigt ein drastisches Beispiel die Notwendigkeit dieser Wachsamkeit:

Eine Meldung betraf beispielsweise eine App, die die Dosierung eines Antibiotikums falsch berechnete. Diese wurde in der Folge aus den App-Stores entfernt.

– Swissmedic, Spectra – Gesundheitsförderung und Prävention

Um Ihnen eine klare Entscheidungshilfe zu geben, fasst die folgende Tabelle, basierend auf den Kriterien von Behörden wie Swissmedic, die wichtigsten Unterschiede zwischen seriösen und unseriösen Apps zusammen. Nutzen Sie diese als Checkliste bei der Auswahl.

Vergleich: Seriöse vs. Unseriöse Gesundheits-Apps
Kriterium Seriöse App Unseriöse App
Zertifizierung CE-Kennzeichnung mit Nummer der benannten Stelle Keine oder gefälschte Zertifikate
Datenschutz Klare Datenschutzerklärung, Hosting in CH/EU Vage oder fehlende Datenschutzrichtlinien
Impressum Vollständig mit CH-Adresse und Verantwortlichen Fehlendes oder unvollständiges Impressum
Heilversprechen Realistische, evidenzbasierte Angaben Unrealistische Versprechen ohne Belege
Kosten Transparente Preisstruktur Versteckte Kosten, Abo-Fallen

Seien Sie besonders misstrauisch, wenn eine App absolute Erfolge verspricht oder Druck aufbaut. Eine qualitativ hochwertige Anwendung agiert als unterstützendes Werkzeug, erhebt aber niemals den Anspruch, eine professionelle medizinische Beratung zu ersetzen. Im Zweifel gilt immer: Besprechen Sie die Nutzung einer App mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

Wann sollten Sie als Patient auf neue digitale Gesundheitstechnologien umsteigen?

Die Entscheidung für oder gegen eine neue digitale Gesundheitstechnologie wie Telemedizin oder eine Therapie-App ist keine Frage von „richtig“ oder „falsch“, sondern von „passend für meine Situation“. Ein Umstieg ist dann sinnvoll, wenn die digitale Lösung ein konkretes Problem in Ihrer aktuellen Versorgungssituation löst und Ihnen einen klaren Mehrwert bietet. Dies kann beispielsweise Zeitersparnis durch den Wegfall von Anfahrtswegen, ein schnellerer Zugang zu Fachmeinungen oder eine bessere Unterstützung im Umgang mit einer chronischen Erkrankung sein.

Ein hervorragendes Beispiel aus der Schweiz ist der Erfolg der Telemedizin. Anbieter wie Medgate verzeichnen Wachstumsraten von rund 20 Prozent und konnten allein im ersten Quartal 2023 etwa 280’000 Konsultationen durchführen. Entscheidend ist, dass bei der Hälfte dieser Fälle eine **abschliessende Behandlung** ohne physischen Arztbesuch möglich war. Dies zeigt: Für viele Anliegen ist die digitale Konsultation nicht nur eine Alternative, sondern eine effiziente und gleichwertige Lösung. Wenn Sie also unter Zeitdruck stehen, eine Zweitmeinung für einen unkomplizierten Fall benötigen oder Ihr Krankenkassenmodell (z.B. Telmed) dies begünstigt, kann ein Umstieg äusserst vorteilhaft sein.

Der Umstieg sollte jedoch nie überstürzt erfolgen. Eine ehrliche Selbsteinschätzung ist entscheidend. Fühlen Sie sich im Umgang mit der Technologie wohl? Ist Ihr behandelnder Arzt offen für digitale Daten und Berichte? Und vor allem: Löst das Tool ein echtes Problem für Sie? Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei, Ihre persönliche Bereitschaft für den digitalen Wechsel zu beurteilen.

Aktionsplan: Prüfen Sie Ihre Digital-Health-Reife

  1. Digitale Kompetenz: Bewerten Sie ehrlich Ihre Fähigkeiten im Umgang mit Smartphones und Apps. Eine hohe Benutzerfreundlichkeit der Anwendung ist entscheidend.
  2. Versorgungssituation analysieren: Haben Sie lange Anfahrtswege, Schwierigkeiten bei der Terminfindung oder wiederkehrende Routinekontrollen?
  3. Unterstützung durch den Arzt klären: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Ist er/sie offen für digitale Lösungen und die Integration von Daten aus Apps oder Wearables?
  4. Krankenkassenmodell prüfen: Bietet Ihr aktuelles Versicherungsmodell spezielle Telemedizin-Optionen oder sogar Prämienrabatte für deren Nutzung?
  5. Konkretes Problem identifizieren: Welches spezifische Problem in Ihrem Gesundheitsmanagement könnte ein digitales Tool (z.B. Medikamenten-Erinnerung, Symptom-Tagebuch) lösen?

Warum KI-Systeme bestimmte Krebsarten 95% präziser erkennen als erfahrene Radiologen?

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert die medizinische Bildgebung, insbesondere in der Onkologie. KI-Systeme können auf Basis von Millionen von anonymisierten CT- oder MRT-Scans trainiert werden und lernen dabei, mikroskopisch kleine Muster zu erkennen, die auf bösartige Veränderungen hindeuten. Ihre Präzision übertrifft in spezifischen Anwendungsfällen die des menschlichen Auges, da sie frei von Ermüdung ist und subtilste Abweichungen im Gewebe quantifizieren kann, die für einen Menschen kaum wahrnehmbar sind. Diese Fähigkeit zur Mustererkennung ermöglicht eine frühere und genauere Diagnose, was die Heilungschancen signifikant verbessern kann.

Führende Schweizer Institutionen wie das Inselspital Bern sind bereits an der Spitze dieser Entwicklung und beteiligen sich an Forschungsprojekten, die KI-gestützte Innovationen in der Onkologie vorantreiben. Die KI agiert hierbei nicht als Ersatz für den Radiologen, sondern als extrem leistungsfähiges **“zweites Paar Augen“**. Sie markiert verdächtige Bereiche, misst deren Entwicklung über die Zeit und liefert dem Arzt eine datengestützte Wahrscheinlichkeitseinschätzung. Der Arzt kann sich so auf die komplexesten Fälle und die finale Interpretation im Kontext des gesamten Patientenbildes konzentrieren.

Radiologe betrachtet abstrakte KI-Visualisierungen bei der Krebsdiagnose

Der Digital Health Markt in der Schweiz wächst rasant und zeigt das enorme Potenzial dieser Technologien. Laut Prognose wird im Jahr 2029 ein Marktvolumen von 1.886,00 Mio. € erwartet. Für Sie als Patient bedeutet das, dass KI-gestützte Diagnostik zunehmend zum Standard in der Spitzenmedizin wird. Es ist Ihr Recht, nachzufragen, ob solche Technologien in Ihrem Fall zur Anwendung kommen könnten, um die höchstmögliche diagnostische Sicherheit zu gewährleisten.

Warum Telemedizin bei 70% der Konsultationen gleichwertig, aber bei 30% ungeeignet ist?

Telemedizin ist eine der sichtbarsten digitalen Innovationen im Gesundheitswesen, doch ihr Einsatz hat klare Grenzen. Sie ist dann eine gleichwertige oder sogar überlegene Alternative, wenn es um Anliegen geht, die keine physische Untersuchung erfordern. Dazu gehören beispielsweise die Besprechung von Laborergebnissen, Routine-Nachkontrollen bei stabilen chronischen Erkrankungen, psychologische Beratungen, die Anpassung von Medikationsplänen oder die Behandlung von einfachen Infekten wie Erkältungen. In diesen Fällen, die einen grossen Teil der hausärztlichen Konsultationen ausmachen, sparen Sie Zeit und Aufwand, ohne an Behandlungsqualität einzubüssen.

Der Erfolg dieses Modells ist in der Schweiz bereits belegt. Führende Anbieter zeigen, dass bei telemedizinischen Konsultationen etwa 50% aller Patientinnen und Patienten abschliessend behandelt werden können, ohne dass eine Weiterweisung an eine physische Praxis nötig ist. Spezialisierte Versicherungsmodelle, wie sie etwa die Groupe Mutuel anbietet, fördern diesen Weg zusätzlich. Dort ist die Telekonsultation nicht nur rund um die Uhr verfügbar, sondern wird im OptiMed-Modell sogar von der Franchise ausgenommen. Kostet ein Gespräch beispielsweise 60 CHF, zahlt der Patient nur den Selbstbehalt von 10%, also 6 CHF. Dies schafft starke Anreize für die Nutzung.

Die Telemedizin ist jedoch **ungeeignet und potenziell gefährlich** bei Notfällen (z.B. Verdacht auf Herzinfarkt, starke Schmerzen, schwere Verletzungen), bei unklaren Symptomen, die eine körperliche Untersuchung erfordern (z.B. Abtasten des Bauches, Abhören der Lunge), oder bei der Erstdiagnose komplexer Erkrankungen. Ebenso sind viele dermatologische oder orthopädische Abklärungen auf eine direkte visuelle und manuelle Prüfung angewiesen. Als mündiger Patient müssen Sie lernen, diese Grenzen zu erkennen und im Zweifel immer den direkten Weg in die Praxis oder den Notfall zu wählen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ihre Rolle wandelt sich: Werden Sie vom passiven Leistungsempfänger zum aktiven Co-Manager Ihrer Gesundheit, der digitale Tools bewusst steuert.
  • Technologie ist ein Werkzeug, kein Ersatz: Nutzen Sie Apps und KI, um sich vorzubereiten und einen fundierteren Dialog mit Ihrem Arzt zu führen.
  • Kritische Bewertung ist entscheidend: Prüfen Sie jede Gesundheits-App auf Zertifizierung, Datenschutz und Transparenz, bevor Sie ihr Ihre Daten anvertrauen.

Wie bewerten Sie als Patient KI-gestützte Diagnosen und treffen informierte Entscheidungen?

Wenn Sie mit einer KI-gestützten Diagnose konfrontiert werden, ist es normal, Fragen und Unsicherheiten zu haben. Der Schlüssel zu einer informierten Entscheidung liegt darin, die Rolle der KI richtig einzuordnen: Sie ist ein hochspezialisiertes Analysewerkzeug, aber nicht der finale Entscheidungsträger. Die **medizinische Verantwortung** und die Haftung für die Diagnose bleiben in der Schweiz immer beim behandelnden Arzt. Die KI liefert eine datenbasierte Wahrscheinlichkeit, der Arzt interpretiert dieses Ergebnis im Kontext Ihrer gesamten Krankengeschichte, Ihrer Symptome und Ihrer Lebensumstände.

Ihr wichtigstes Recht als Patient ist das Recht auf Verständlichkeit und das Einholen einer Zweitmeinung. Zögern Sie nicht, Ihrem Arzt Fragen zu stellen: „Wie sicher ist sich die KI in ihrer Einschätzung?“, „Welche Faktoren hat der Algorithmus berücksichtigt?“, „Welche alternativen Diagnosen gibt es?“. Ein guter Arzt wird diese Fragen begrüssen und Ihnen den Befund transparent erläutern. Sollten Zweifel bleiben, haben Sie jederzeit das Recht, die Befunde von einem anderen Spezialisten, beispielsweise in einem anderen Schweizer Spitzenzentrum, beurteilen zu lassen.

Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) unterstützt diesen kooperativen Ansatz. Sie sieht die KI nicht als Konkurrenz, sondern als Chance zur optimalen Vorbereitung von Konsultationen.

Die KI dient der optimalen Vorbereitung, damit die Ärzteschaft die richtigen Fragen stellen und Notfälle frühzeitig erkennen kann.

– FMH (Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte), Tages-Anzeiger

Betrachten Sie eine KI-Diagnose als einen hochqualifizierten Beitrag zu Ihrem „Gesundheitsteam“. Ihre Aufgabe als informierter Patient ist es, diesen Beitrag kritisch zu hinterfragen und gemeinsam mit Ihrem Arzt in eine ganzheitliche Behandlungsstrategie zu überführen. Es ist dieser **informierte Dialog**, der die moderne Medizin voranbringt und Ihnen die bestmöglichen Resultate sichert.

Ihre Reise zum digitalen Co-Manager Ihrer Gesundheit beginnt mit dem ersten Schritt. Beginnen Sie noch heute damit, diese Werkzeuge bewusst zu bewerten, Ihre Daten souverän zu verwalten und den Dialog mit Ihren Ärzten auf eine neue, informierte Ebene zu heben. Werden Sie zum aktiven Partner Ihrer eigenen Gesundheitsversorgung.

Fragen und Antworten zu digitalen Innovationen in der Medizin

Wer ist für eine KI-gestützte Diagnose rechtlich verantwortlich?

In der Schweiz bleibt immer der behandelnde Arzt verantwortlich und haftet für die Diagnose, auch wenn KI-Systeme verwendet wurden.

Wie kann ich eine Zweitmeinung zu einer KI-Diagnose einholen?

Sie haben das Recht auf eine Zweitmeinung. Wenden Sie sich an ein anderes Schweizer Spitzenzentrum oder nutzen Sie spezialisierte Zweitmeinungs-Plattformen.

Werden KI-Diagnosen in meinem EPD dokumentiert?

Gesundheitsfachpersonen sind verpflichtet, wichtige Informationen zur Gesundheit im EPD zu speichern, sobald ihre Patientinnen und Patienten ein EPD eröffnet haben.

Geschrieben von Michael Hofmann, Michael Hofmann ist Facharzt für Innere Medizin mit 14-jähriger Praxiserfahrung und zusätzlicher Spezialisierung im Bereich Digital Health. Er leitet die Abteilung für Telemedizin eines grossen Schweizer Universitätsspitals und berät Health-Tech-Startups bei der Entwicklung patientenzentrierter Lösungen.