Veröffentlicht am April 12, 2024

Die grösste Gefahr der Mobilitätswende ist nicht der Wandel selbst, sondern eine teure Fehlinvestition in veraltende Technologie.

  • Flexibilität schlägt reinen Besitz: Ein dynamisches Mobilitätsportfolio ist resilienter als ein einzelnes Fahrzeug.
  • Die Gesamtkosten (TCO) verschieben sich dramatisch zugunsten von Sharing- und Abo-Modellen.

Empfehlung: Analysieren Sie Ihr aktuelles Mobilitätsverhalten wie ein Anlageportfolio und beginnen Sie, Ihre Optionen bewusst zu diversifizieren, um Risiken zu minimieren.

Das vertraute Szenario: Das Familienauto kommt in die Jahre, eine teure Reparatur steht an oder das Leasing läuft aus. Früher war die Entscheidung einfach, doch heute stehen Schweizerinnen und Schweizer vor einer komplexen Weggabelung. Weiterhin auf einen Verbrenner setzen, dessen Restwert ungewiss ist? Oder den Sprung ins kalte Wasser wagen und voll auf Elektromobilität setzen, trotz Unsicherheiten bei Ladeinfrastruktur und Batterielebensdauer? Diese Fragen beschäftigen viele, die eine zukunftssichere und finanziell tragfähige Entscheidung für ihre persönliche Mobilität treffen wollen.

Die öffentliche Diskussion dreht sich oft um die simple Gegenüberstellung von „Benzin vs. Strom“. Doch dieser Fokus ist zu kurz gegriffen. Er ignoriert die viel tiefgreifendere Revolution, die im Gange ist: der Übergang von einem auf Besitz basierenden Modell zu einem flexiblen, serviceorientierten Zugang zur Mobilität. Die wahre strategische Frage ist nicht mehr nur, welches Auto man fahren soll, sondern ob der Besitz eines Autos in zehn Jahren überhaupt noch die klügste und wirtschaftlichste Lösung für die eigenen Bedürfnisse sein wird.

Dieser Leitfaden bricht mit der traditionellen Sichtweise. Statt eine einzelne Technologie zu favorisieren, führen wir das Konzept des persönlichen Mobilitätsportfolios ein. Wir betrachten Ihre Mobilität als eine strategische Investition, die es zu schützen und optimieren gilt. Es geht darum, die laufende Transformation nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen, um teure Fehler zu vermeiden und eine massgeschneiderte, kosteneffiziente und flexible Mobilitätsstrategie für die nächste Dekade zu entwickeln. Wir analysieren, wann welche Investition noch sinnvoll ist, welche Risiken in bestimmten Fahrzeugtypen schlummern und wie Sie sich auf eine Zukunft vorbereiten, in der Autonomie und Vernetzung die Spielregeln neu definieren.

Dieser Artikel führt Sie strukturiert durch die entscheidenden Aspekte der bevorstehenden Mobilitätsrevolution in der Schweiz. Er bietet Ihnen eine klare Analyse und konkrete Handlungsempfehlungen, damit Sie fundierte Entscheidungen für Ihre mobile Zukunft treffen können.

Warum der Schweizer Mobilitätsmix sich in 8 Jahren radikaler ändern wird als in den letzten 50?

Die Mobilität in der Schweiz hat sich über Jahrzehnte evolutionär entwickelt, geprägt durch den Ausbau des Strassen- und Schienennetzes. Doch was wir in den nächsten acht bis zehn Jahren erleben werden, ist keine blosse Weiterentwicklung, sondern eine fundamentale Disruption. Drei mächtige Treiber beschleunigen diesen Wandel in einem nie dagewesenen Tempo: politischer Druck, technologischer Fortschritt und ein sich wandelndes Nutzerverhalten. Diese Konvergenz schafft einen Wendepunkt, der die Mobilitätslandschaft schneller umgestalten wird als alles, was wir in den letzten 50 Jahren gesehen haben.

Politische Rahmenbedingungen setzen klare Leitplanken. Das faktische EU-Verbot für neue Verbrennungsmotoren ab 2035 wird auch die Schweiz, die keine eigene Autoindustrie hat, vollständig erfassen. Gleichzeitig fördern Bund und Kantone den Umstieg durch gezielte, wenn auch manchmal widersprüchliche Massnahmen. Ein Beispiel ist die strategische Steuerung im Güterverkehr, wo die Mautbefreiung für E- und H2-Lkw bis 2030 einen klaren Anreiz setzt. Solche Regulierungen senden unmissverständliche Signale an den Markt und beschleunigen die technologische Umrüstung in allen Sektoren, was wiederum die Infrastruktur und das Angebot für Privatpersonen beeinflusst.

Technologisch gesehen erleben wir eine exponentielle Entwicklung. Die Kosten für Batterien sinken, während ihre Energiedichte steigt. Software für autonome Systeme wird täglich intelligenter, und die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander (V2V) und mit der Infrastruktur (V2I) wird von einer Vision zur Realität. Diese technologischen Sprünge machen neue Mobilitätsformen nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich attraktiv. Die Kombination aus politischem Willen und technologischer Reife schafft eine Eigendynamik, die den Status quo des privaten Autobesitzes fundamental in Frage stellt und den Weg für eine serviceorientierte Zukunft ebnet.

Wie gestalten Sie Ihre Mobilitätsstrategie so, dass sie in 10 Jahren noch optimal ist?

Angesichts der rasanten Veränderungen ist eine starre „Alles oder Nichts“-Entscheidung für ein bestimmtes Fahrzeug heute eine riskante Wette. Der Schlüssel zu einer zukunftssicheren Strategie liegt in einem Paradigmenwechsel: Betrachten Sie Ihre Mobilität nicht länger als den Besitz eines einzelnen Gutes, sondern als ein dynamisches Mobilitätsportfolio. So wie ein kluger Investor sein Vermögen diversifiziert, um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen, sollten Sie Ihre Mobilitätsoptionen diversifizieren.

Ein solches Portfolio kann je nach Lebensphase, Wohnort und beruflichen Anforderungen unterschiedliche Bausteine enthalten: ein Halbtax- oder GA für den regelmässigen Pendelverkehr, ein Mobility-Abo für flexible Autofahrten ohne Fixkosten, ein E-Bike für die „letzte Meile“ und vielleicht sogar der gelegentliche Griff zu einem Mietwagen für den Familienurlaub. Der Fokus verschiebt sich von maximalem Besitz zu maximaler Flexibilität und bedarfsgerechter Nutzung. Dieser Ansatz schützt Sie vor dem Wertverlust einer einzigen, teuren Investition und ermöglicht es Ihnen, stets die effizienteste und kostengünstigste Option für jede spezifische Wegstrecke zu wählen.

Praxisbeispiel: Das Mobilitätsbudget als Firmenleistung

Immer mehr fortschrittliche Schweizer Unternehmen ersetzen den klassischen Firmenwagen durch ein flexibles Mobilitätsbudget. Statt an ein bestimmtes Fahrzeug gebunden zu sein, erhalten Mitarbeitende einen monatlichen Betrag, den sie frei für verschiedenste Verkehrsmittel einsetzen können – vom ÖV-Abonnement über Carsharing-Guthaben bis hin zum Leasing eines E-Bikes. Dieser Ansatz fördert nicht nur eine nachhaltigere und individuellere Mobilitätswahl, er ist auch ein perfektes Beispiel für das Denken in einem Portfolio von Optionen statt in einer einzigen, starren Lösung.

Die Visualisierung Ihres persönlichen Mobilitätsportfolios hilft, die verschiedenen verfügbaren Werkzeuge und deren Zusammenspiel zu verstehen. Es geht darum, eine bewusste Auswahl an Instrumenten zu treffen, die Ihre individuellen Bedürfnisse abdecken.

Detaillierte Visualisierung verschiedener Mobilitätsoptionen für Schweizer Pendler

Wie dieses Arrangement zeigt, geht es um die intelligente Kombination der richtigen Werkzeuge. Anstatt sich auf ein einziges, teures und unflexibles Gut zu verlassen, ermöglicht Ihnen ein diversifiziertes Portfolio, agil auf Veränderungen zu reagieren – sei es ein Jobwechsel, ein Umzug oder einfach neue technologische Möglichkeiten, die in den kommenden Jahren verfügbar werden.

Eigenes E-Auto, Sharing oder Robotaxi-Abo: Welches Modell wird in 10 Jahren optimal sein?

Die Frage nach dem „besten“ Modell lässt sich nicht pauschal beantworten, da die optimale Lösung stark vom individuellen Nutzungsprofil und Wohnort abhängt. Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, ist ein Blick auf die prognostizierten Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO) und die praktischen Rahmenbedingungen unerlässlich. Ein eigenes E-Auto bietet maximale Verfügbarkeit, ist aber mit hohen Fixkosten und potenziellen Hürden verbunden. Insbesondere für die 77% der Schweizer, die zur Miete leben, stellt die Installation einer privaten Wallbox oft eine unüberwindbare Schwierigkeit dar. Dies ist ein entscheidender Faktor, der die Attraktivität von Sharing- und Abo-Modellen massiv erhöht.

Sharing-Dienste und ÖV-Abos punkten durch deutlich niedrigere monatliche Kosten und hohe Flexibilität, da man nur für die tatsächliche Nutzung bezahlt. Zukünftige „Mobility as a Service“ (MaaS)-Pakete, die verschiedene Dienste in einem einzigen Abonnement bündeln, werden diese Flexibilität weiter steigern. Die folgende Tabelle gibt eine prognostizierte Übersicht der monatlichen Kosten und der jeweiligen Vor- und Nachteile für das Jahr 2035.

TCO-Vergleich der Mobilitätsmodelle 2035
Modell Monatliche Kosten (CHF) Verfügbarkeit Flexibilität
Eigenes E-Auto 800-1200 100% Hoch
Mobility + ÖV-Abo 400-600 95% Mittel
MaaS-Komplettpaket 500-700 90% Sehr hoch

Die Analyse zeigt klar: Für Personen mit einer Jahreskilometerleistung unter 12’000 bis 15’000 km und Wohnsitz in urbanen oder gut erschlossenen Gebieten wird die Kombination aus Sharing und ÖV finanziell deutlich attraktiver sein als ein eigenes Fahrzeug. Das eigene Auto wird zunehmend zu einem Luxusgut oder bleibt für jene alternativlos, die im ländlichen Raum wohnen oder beruflich auf ständige und sofortige Verfügbarkeit angewiesen sind. Für die Mehrheit der Bevölkerung wird die wirtschaftlich rationale Entscheidung jedoch in Richtung servicebasierter Modelle gehen.

Der 40’000-CHF-Fehler: In welche Mobilitätsformen sollten Sie jetzt nicht mehr investieren?

In einer Phase des technologischen Umbruchs ist die grösste finanzielle Gefahr eine strategische Fehlinvestition. Der Kauf eines neuen Fahrzeugs mit veraltender Technologie kann schnell zu einer „Wertverlustfalle“ von 40’000 CHF oder mehr werden. Bestimmte Investitionen, die vor fünf Jahren noch als sicher galten, sind heute mit erheblichen Risiken behaftet. Der Fokus muss auf dem Schutz Ihres investierten Kapitals liegen, indem Sie bewusst auf auslaufende Modelle verzichten.

Die Politik schafft hierbei teils widersprüchliche Signale, die zur Verunsicherung beitragen. Wie Peter Grünenfelder, Präsident von auto-schweiz, kritisch anmerkt, wird der Wandel nicht immer konsequent gefördert. Er sagt: „Erst die Einführung der Importsteuer von 4-Prozent auf E-Autos und jetzt noch die geplante Abgabe auf Elektrofahrzeuge ab 2030: Damit bremst der Bund die E-Mobilität aus“, wie er in einem Interview mit dem GreenCarMagazine betonte. Trotz dieser temporären Bremsmanöver ist der langfristige Trend unumkehrbar. Der Wertverlust von Verbrennern, insbesondere von Dieselfahrzeugen, wird sich beschleunigen, je näher das De-facto-Verkaufsverbot von 2035 rückt.

Eine weitere riskante Investition sind langfristige Parkplatzkäufe in städtischen Zentren. Viele Schweizer Städte verfolgen aktive Strategien zur Verkehrsberuhigung und zur Reduzierung von Parkflächen zugunsten von Grün- und Begegnungszonen. Ein heute teuer erworbener Parkplatz könnte in zehn Jahren an Wert verlieren oder durch neue Regelungen in seiner Nutzung eingeschränkt werden. Es gilt, nicht nur das Fahrzeug selbst, sondern das gesamte „Ökosystem“ der privaten Mobilität kritisch zu hinterfragen.

Aktionsplan: So vermeiden Sie die Wertverlustfalle

  1. Keine neuen Dieselfahrzeuge: Verzichten Sie auf den Neukauf von Diesel-Fahrzeugen. Das EU-Verbrennerverbot ab 2035 wirkt sich direkt auf den Schweizer Markt und den Wiederverkaufswert aus.
  2. Langfristige Parkplatzkäufe meiden: Seien Sie vorsichtig beim Kauf von teuren Parkplätzen in Innenstädten. Die zunehmende Verkehrsberuhigung stellt ein erhebliches Wertminderungsrisiko dar.
  3. Auf offene Standards setzen: Investieren Sie nicht in proprietäre, herstellergebundene Ladesysteme. Setzen Sie konsequent auf standardisierte Lösungen (z.B. Typ-2-Stecker), um zukunftsfähig zu bleiben.
  4. Premium-Verbrenner hinterfragen: Überdenken Sie den Kauf teurer Oberklasse-Verbrenner. Der Wertverlust in diesem Segment beschleunigt sich überproportional, da der Technologiewechsel hier am stärksten spürbar wird.

Wann sollten Sie vom Verbrenner auf E-Mobilität und später auf Sharing umsteigen?

Der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel ist keine universelle Formel, sondern eine höchst individuelle Entscheidung, die von drei Faktoren abhängt: dem Zustand Ihres aktuellen Fahrzeugs, Ihrer Wohnsituation und dem Reifegrad der lokalen Infrastruktur. Einen perfekt funktionierenden Verbrenner vorzeitig zu ersetzen, ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Der beste „Trigger“ für einen Wechsel ist oft ein externer Anlass: eine teure, bevorstehende Reparatur, das Auslaufen eines Leasings oder ein Umzug, der das Mobilitätsverhalten ohnehin verändert.

Für den Umstieg auf ein reines E-Auto ist die Frage der Lademöglichkeit zuhause entscheidend. Solange Sie als Mieter keine garantierte Möglichkeit haben, eine Wallbox zu installieren, ist der Kauf eines E-Autos mit erheblichen Komforteinbussen verbunden. In diesem Fall ist ein hybrider Ansatz – die Nutzung von Carsharing-Elektroautos oder der Umstieg auf ein Plug-in-Hybrid-Modell – oft die bessere Übergangslösung. Der grossflächige Ausbau der Ladeinfrastruktur wird diesen Engpass jedoch schrittweise beheben. Das Bundesamt für Energie verdeutlicht die Dimension dieser Herausforderung: Es rechnet für das Jahr 2035 mit 2.8 Millionen E-Fahrzeugen auf Schweizer Strassen, für die rund 2 Millionen private und 84’000 öffentliche Ladepunkte geschaffen werden müssen.

Der spätere Umstieg von einem eigenen E-Auto auf reine Sharing- oder Robotaxi-Abonnements wird dann logisch, wenn deren Verfügbarkeit und Preisniveau die Kosten und den Aufwand des Autobesitzes (Versicherung, Wartung, Parkplatz, Wertverlust) klar unterbieten. Für Stadtbewohner könnte dieser Punkt bereits in fünf bis sieben Jahren erreicht sein. Für Bewohner ländlicher Gebiete wird das eigene Fahrzeug wahrscheinlich noch länger eine Notwendigkeit bleiben. Der Übergang sollte als phasenweiser Prozess verstanden werden, bei dem Sie Ihr Mobilitätsportfolio schrittweise an die neuen Gegebenheiten anpassen, anstatt einen radikalen Schnitt zu vollziehen.

Wie nutzen Sie bereits verfügbare Fahrassistenzsysteme sicher und ohne Overreliance?

Moderne Fahrzeuge sind bereits heute mit einer Vielzahl von Assistenzsystemen (ADAS) ausgestattet, die von adaptiven Tempomaten bis zu Spurhalteassistenten reichen. Diese Systeme sind die Vorstufen zum autonomen Fahren und sollen die Sicherheit und den Komfort erhöhen. Die grösste Gefahr bei ihrer Nutzung ist jedoch die „Overreliance“ – das übermässige und blinde Vertrauen in die Technik. Es ist entscheidend zu verstehen, dass es sich um Assistenzsysteme handelt, nicht um Autopiloten. Die volle Verantwortung und Aufmerksamkeit verbleiben jederzeit beim Fahrer.

Ein sicherer Umgang erfordert, die Grenzen des Systems genau zu kennen. Jeder Fahrer sollte sich bewusst Zeit nehmen, um die Funktionsweise und vor allem die „Abbruchkriterien“ der Systeme seines Fahrzeugs zu erlernen. Wann schaltet sich der Spurhalteassistent ab? Wie reagiert der Notbremsassistent auf stehende Hindernisse oder Fussgänger? Dieses Wissen ist entscheidend, um in kritischen Situationen nicht von einer unerwarteten Systemreaktion überrascht zu werden. Fahrkurse, wie sie etwa vom TCS angeboten werden, sind eine sinnvolle Investition, um den Umgang mit diesen Technologien in einem sicheren Umfeld zu trainieren.

Die Entwicklung schreitet schnell voran. Während heute hauptsächlich Level-2-Systeme verbreitet sind, werden wir in der Schweiz schon bald die nächsten Stufen erleben. Der Mobilitätsexperte Martin Neubauer vom Swiss Association for Autonomous Mobility (SAAM) prognostiziert einige tausend Level-4-Fahrzeuge auf Schweizer Strassen bis 2035. Ab März 2025 werden zudem erste Level-3-Systeme auf Autobahnen erlaubt sein. Dies bedeutet, dass der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen darf, aber jederzeit zur Übernahme bereit sein muss. Der sichere Umgang mit diesen Übergangsphasen wird zur neuen Kernkompetenz jedes Autofahrers.

Warum intelligente Verkehrsmanagementsysteme Stauzeiten in Schweizer Städten um 35% reduzieren?

Die Mobilitätswende findet nicht nur im einzelnen Fahrzeug statt, sondern vor allem im gesamten Verkehrssystem. Intelligente Verkehrsmanagementsysteme (IVMS) sind der Schlüssel, um die Effizienz auf unseren Strassen drastisch zu erhöhen. Anstatt reaktiv auf Staus zu reagieren, können diese Systeme proaktiv den Verkehrsfluss optimieren. Durch die Vernetzung von Fahrzeugen (V2V) und Fahrzeugen mit der Infrastruktur (V2I) – wie Ampeln oder Verkehrsschildern – entsteht ein digitales Abbild des Verkehrsgeschehens in Echtzeit.

Diese Daten ermöglichen es, Verkehrsströme intelligent zu lenken. Ampelschaltungen können sich dynamisch an das Verkehrsaufkommen anpassen, Navigationssysteme können Fahrzeuge auf Basis von Echtzeit-Prognosen umleiten, bevor ein Stau überhaupt entsteht, und die Kapazität der bestehenden Strasseninfrastruktur kann deutlich besser ausgenutzt werden. Studien und Simulationen zeigen, dass durch solche Systeme eine Reduzierung der Stauzeiten um bis zu 35% möglich ist. Ein Vorgeschmack auf dieses Potenzial wurde während der COVID-19-Pandemie sichtbar, als allein durch die Reduzierung des Verkehrsaufkommens in Zürich 20% weniger Staustunden gemessen wurden. Intelligente Systeme zielen darauf ab, einen ähnlichen Effekt durch Effizienzsteigerung bei normalem Verkehrsaufkommen zu erzielen.

Erste Pilotprojekte in der Schweiz zeigen vielversprechende Ergebnisse. Bei Grossanlässen wie dem Paléo Festival in Nyon wird bereits mit adaptiver Verkehrssteuerung experimentiert, um die An- und Abreise der Besuchermassen zu optimieren. Sensoren erfassen die Verkehrsdichte, und Algorithmen schlagen alternative Routen vor oder passen die Ampelphasen an, um Engpässe zu vermeiden. Diese „Smart City“-Ansätze werden in den nächsten Jahren grossflächig in Schweizer Agglomerationen ausgerollt und führen zu einer spürbaren Entlastung für alle Verkehrsteilnehmer – unabhängig davon, ob sie in einem privaten Auto, einem Bus oder einem Sharing-Fahrzeug sitzen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vom Besitz zum Portfolio: Der strategische Wechsel von einem einzigen Fahrzeug zu einem diversifizierten Mix aus Mobilitätsoptionen ist der Schlüssel zum Investitionsschutz.
  • Timing ist individuell, Planung ist dringend: Der „richtige“ Umstiegszeitpunkt hängt von persönlichen Faktoren ab, doch die Analyse und Planung Ihrer Zukunftsstrategie muss jetzt beginnen.
  • Mensch und Maschine im Tandem: Neue Assistenzsysteme erfordern ein neues Selbstverständnis als „System-Supervisor“, der die Technik bewusst nutzt, aber niemals blind vertraut.

Wie bereiten Sie sich als Schweizer Autofahrer auf autonome Fahrsysteme vor?

Die Vorbereitung auf eine Zukunft mit autonomen Fahrsystemen ist weniger eine Frage der technischen Aufrüstung als vielmehr eine des mentalen Wandels. Die Rolle des Menschen hinter dem Lenkrad wird sich von der eines aktiven „Chauffeurs“ zu der eines strategischen „System-Supervisors“ entwickeln. Ihre Aufgabe wird es zunehmend sein, das System zu überwachen, Ziele vorzugeben und nur noch in Ausnahmesituationen einzugreifen. Diese neue Rolle erfordert neue Kompetenzen, die Sie bereits heute aufbauen können.

Der erste und wichtigste Schritt ist der bewusste und kritische Umgang mit den bereits heute verfügbaren Assistenzsystemen. Nutzen Sie jede Fahrt, um die Fähigkeiten und Grenzen Ihres Fahrzeugs zu verstehen. Trainieren Sie bewusst die Übernahme der Kontrolle, damit dieser Vorgang in einer Stresssituation zur Routine wird. Bleiben Sie informiert über die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich in der Schweiz rasch weiterentwickeln, insbesondere bezüglich der Haftungsfragen bei teilautomatisierten Fahrten. Eine proaktive Auseinandersetzung mit der Technologie und ihren Regeln ist die beste Vorbereitung auf die nächsten Automatisierungsstufen.

Um diesen Übergang strukturiert anzugehen, können Sie die folgenden Schritte als persönliche Roadmap nutzen:

  1. Informieren Sie sich über die Autonomiestufen: Machen Sie sich mit den 6 Stufen des autonomen Fahrens (Level 0 bis 5) vertraut, um die Fähigkeiten Ihres und zukünftiger Fahrzeuge korrekt einordnen zu können.
  2. Versicherungspolice prüfen: Klären Sie mit Ihrer Versicherung, wie Schäden im Zusammenhang mit der Nutzung von Assistenz- und autonomen Systemen abgedeckt sind.
  3. Übernahme trainieren: Üben Sie regelmässig die manuelle Übernahme der Fahrzeugkontrolle aus einem assistierten Fahrmodus heraus, um reaktionsschnell zu bleiben.
  4. Regelungen im Auge behalten: Bleiben Sie über kantonale und nationale Regelungen, insbesondere zu Teststrecken und neuen Zulassungen für höhere Autonomiestufen, informiert.
  5. Kompetenz als „Supervisor“ entwickeln: Beginnen Sie, sich mental als Systemmanager zu sehen, der das Fahrzeug überwacht, anstatt es nur zu steuern.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre Mobilität neu zu denken. Eine Analyse Ihrer aktuellen Wege und Kosten ist der erste, entscheidende Schritt in eine finanziell sichere und flexible mobile Zukunft.

Häufig gestellte Fragen zur Zukunft der Mobilität in der Schweiz

Wer haftet bei aktiviertem Autopilot in der Schweiz?

Aktuell bleibt der Fahrer verantwortlich. Ab März 2025 können Level-3-Systeme auf Autobahnen genutzt werden, der Fahrer muss aber jederzeit übernehmen können.

Welche Assistenzsysteme sind ab 2025 erlaubt?

Systeme, die Lenken, Geschwindigkeit und Bremsen autonom kontrollieren (Level 3), jedoch nur auf Autobahnen und mit ständiger Übernahmebereitschaft.

Brauche ich spezielle Schulungen für neue Systeme?

Empfohlen werden Fahrkurse beim TCS für neue Assistenzsysteme, um Grenzfälle und Systemlimiten sicher zu beherrschen.

Geschrieben von Thomas Schneider, Thomas Schneider ist diplomierter Bauingenieur ETH mit 16-jähriger Erfahrung in der Planung und Umsetzung intelligenter Verkehrssysteme. Er arbeitet als leitender Projektingenieur bei einem führenden Schweizer Ingenieurbüro und ist spezialisiert auf Mobilitätskonzepte der Zukunft, autonome Fahrsysteme und Verkehrssicherheit.