Veröffentlicht am April 11, 2024

Der Schlüssel zum Erfolg von Schweizer Grossprojekten liegt nicht im Festhalten an einem starren Plan, sondern im Aufbau eines resilienten Projekt-Immunsystems.

  • Proaktive Frühwarnsysteme sind entscheidend, um die „schleichende Erosion“ von Budget und Zielen frühzeitig zu erkennen, bevor sie zur Krise wird.
  • Strategische Kontinuität über Legislaturperioden und Managementwechsel hinweg sichert die langfristige Unterstützung und den Projekterfolg.

Empfehlung: Konzentrieren Sie sich weniger auf die Perfektion des initialen Plans und mehr auf die Etablierung adaptiver Systeme, die Veränderungen antizipieren und absorbieren können.

Die Schlagzeile ist fast schon ein Ritual in der Schweiz: Ein ambitioniertes Grossprojekt, gestartet mit einer feierlichen Grundsteinlegung, gerät Jahre später in die Kritik wegen explodierender Kosten und verfehlter Termine. Als Projektverantwortlicher kennen Sie diesen Druck. Sie stehen zwischen den Erwartungen der Politik, der Öffentlichkeit und den unerbittlichen Realitäten eines mehrjährigen Vorhabens. Die üblichen Ratschläge – eine noch detailliertere Planung, ein noch strafferes Controlling – fühlen sich oft wie ein Versuch an, einen Ozeandampfer mit einem Ruderboot zu steuern. Man weiss, dass sie allein nicht ausreichen.

Die Komplexität liegt nicht nur in technischen oder logistischen Herausforderungen. Sie liegt in der Zeit selbst. Über einen Zeitraum von zwei, fünf oder mehr Jahren verändern sich politische Prioritäten, technologische Standards entwickeln sich weiter und wirtschaftliche Rahmenbedingungen schwanken. Das Festhalten an einem starren Plan, der vor Jahren unter völlig anderen Annahmen erstellt wurde, ist oft der direkte Weg ins Scheitern. Die wahre Herausforderung ist nicht die Vermeidung von Abweichungen, sondern der Umgang mit ihnen.

Doch was, wenn die grundlegende Herangehensweise überdacht werden muss? Was, wenn der Fokus nicht auf der Abwehr jeder einzelnen Welle liegen sollte, sondern darauf, ein Schiff zu bauen, das hochseetauglich ist? Dieser Leitfaden bricht mit der reinen Planungs-Fixierung. Er zeigt Ihnen, wie Sie ein resilientes Projekt-System aufbauen – eine Art Immunsystem für Ihr Grossprojekt, das schleichende Veränderungen frühzeitig erkennt, externe Schocks absorbiert und die strategische Ausrichtung über den gesamten Lebenszyklus hinweg sicherstellt. Es geht darum, die Kontrolle nicht durch Starrheit, sondern durch vorausschauende Anpassungsfähigkeit zu garantieren.

Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Strategien, um Ihr mehrjähriges Projekt in der Schweiz zum Erfolg zu führen. Wir analysieren die Ursachen des Scheiterns, bauen effektive Frühwarnsysteme auf und sichern die so wichtige Kontinuität, um Ihr Vorhaben sicher und zielgerichtet ins Ziel zu bringen.

Warum 70% der Schweizer Grossprojekte Zeit- oder Budgetrahmen um 40%+ überschreiten?

Die Zahl ist alarmierend und doch für viele erfahrene Projektleiter keine Überraschung: Ein Grossteil der ambitionierten Vorhaben kämpft mit massiven Überschreitungen. Während die Schweiz im internationalen Vergleich oft noch gut dasteht, zeigen Beispiele wie der Berliner Flughafen BER, dessen Kosten von 2 auf über 5 Milliarden Euro explodierten, wohin die Reise ohne straffe Kontrolle gehen kann. Doch die Ursachen sind selten auf ein einzelnes Versäumnis zurückzuführen. Vielmehr ist es eine schleichende Erosion, die Projekte über Jahre hinweg aushöhlt. Die initialen Annahmen, auf denen Budget und Zeitplan basieren, werden von der Realität langsam aber sicher überholt.

Eine der Hauptursachen ist die dynamische Komplexität. Anders als bei kurzfristigen Projekten agieren Langfristvorhaben in einem sich ständig wandelnden Umfeld. Politische Mehrheiten wechseln, neue Umweltauflagen treten in Kraft, technologische Sprünge eröffnen neue Möglichkeiten (und Anforderungen), und die Stimmung wichtiger Stakeholder kann kippen. Ein Plan, der zu Beginn als perfekt galt, wird so über die Zeit zu einem Korsett, das notwendige Anpassungen verhindert und stattdessen zu teuren „Workarounds“ und Verzögerungen führt. Die Annahme, die Zukunft über 2-5 Jahre präzise vorhersagen zu können, ist der erste Schritt zum potenziellen Scheitern.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Optimismus-Bias in der Planungsphase. Um politische und finanzielle Zustimmung zu erhalten, werden Kosten oft zu optimistisch geschätzt und Risiken systematisch unterschätzt. Diese anfängliche „Planungslücke“ muss im Verlauf des Projekts unweigerlich durch Nachfinanzierungen und Fristverlängerungen geschlossen werden, was das Vertrauen in die Projektleitung nachhaltig beschädigt. Ohne realistische Puffer und ein Management, das von Beginn an transparent auf potenzielle Abweichungen hinweist, ist die Budgetexplosion fast vorprogrammiert.

Die Herausforderung besteht also nicht darin, einen unfehlbaren Plan zu erstellen, sondern ein System zu etablieren, das diese Erosion erkennt und ihr entgegenwirkt.

Wie schaffen Sie Frühwarnsysteme, die Abweichungen 3 Monate vor der Krise signalisieren?

Traditionelles Projektcontrolling gleicht oft dem Blick in den Rückspiegel: Es stellt fest, dass Budget und Zeitplan bereits überschritten sind. Um eine echte Krise zu vermeiden, benötigen Sie jedoch einen Blick durch die Windschutzscheibe. Ein effektives Frühwarnsystem fokussiert nicht auf harte, vergangenheitsbezogene KPIs allein, sondern sucht aktiv nach „schwachen Signalen“. Das können veränderte Kommunikationsmuster bei einem wichtigen Zulieferer, eine negative Medienberichterstattung über ein ähnliches Projekt oder eine sinkende Moral im Kernteam sein. Diese Indikatoren kündigen Probleme an, lange bevor sie sich in den Finanzkennzahlen niederschlagen.

Der Kern eines solchen Systems ist der Wechsel von einem retrospektiven zu einem prospektiven Controlling. Anstatt nur den Ist-Zustand mit dem Plan zu vergleichen, werden zukünftige Entwicklungen simuliert. Methoden wie die Monte-Carlo-Analyse können beispielsweise die Wahrscheinlichkeit von Termin- und Kostenüberschreitungen auf Basis aktueller Risiken und Unsicherheiten berechnen. Dies ermöglicht es Ihnen, proaktiv Gegenmassnahmen zu ergreifen, anstatt nur zu reagieren. Sie managen nicht mehr die Vergangenheit, sondern gestalten aktiv die Zukunft Ihres Projekts.

Visualisierung eines modernen Frühwarnsystems für Grossprojekte

Die Visualisierung in modernen Projekt-Dashboards spielt hierbei eine zentrale Rolle. Statt endloser Tabellen zeigen Trendindikatoren und Heatmaps auf einen Blick, wo sich Risiken konzentrieren und Handlungsbedarf besteht. Die Kombination aus quantitativen Projekt-KPIs und qualitativen Informationen (z.B. Stakeholder-Stimmungsanalysen) ergibt ein umfassendes Lagebild, das Abweichungen Monate im Voraus signalisieren kann.

Der folgende Vergleich verdeutlicht den fundamentalen Unterschied zwischen dem traditionellen Reporting und einem zukunftsorientierten Frühwarnsystem, das auf die Erkennung schwacher Signale und die Simulation zukünftiger Szenarien setzt, was laut Experten zu Kosteneinsparungen im zweistelligen Prozentbereich führen kann.

Vergleich traditioneller vs. prospektiver Projektcontrolling-Ansätze
Kriterium Traditionelles Reporting Prospektives Frühwarnsystem
Fokus Retrospektive KPIs Schwache Signale & Monte-Carlo-Simulationen
Zeitlicher Horizont Vergangenheit 3-6 Monate Vorausschau
Datenquellen Projektinterne Kennzahlen KPIs + Medienberichte + Stakeholder-Stimmung
Kosteneinsparung 0-5% Zweistelliger Prozentbereich

Letztlich geht es darum, eine Kultur der Voraussicht zu etablieren, in der das Suchen nach potenziellen Problemen belohnt wird, nicht das Verstecken.

Wasserfall, Agile oder Hybrid: Welcher Ansatz für mehrjährige Schweizer Infrastrukturprojekte?

Die Wahl der Projektmanagement-Methode ist keine rein technische, sondern eine hochstrategische Entscheidung, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann. Bei mehrjährigen Infrastrukturprojekten prallen oft zwei Welten aufeinander: die Notwendigkeit einer langfristig stabilen Planung (Wasserfall) und die Realität unvorhersehbarer Veränderungen (Agile). Ein reiner Wasserfall-Ansatz, bei dem alles von Anfang an festgeschrieben wird, ist zu starr, um auf neue Gegebenheiten zu reagieren. Ein rein agiler Ansatz hingegen ist für den Bau eines Tunnels oder einer Brücke, wo physikalische Gesetze und klare Bauphasen dominieren, ungeeignet.

Die Lösung für die meisten Schweizer Grossprojekte liegt in einem hybriden Modell. Dieses kombiniert die Stärken beider Welten. Der übergeordnete Rahmen – die Hauptphasen, die grundlegende Architektur, das Gesamtbudget – wird nach dem Wasserfallprinzip langfristig geplant und politisch abgesichert. Innerhalb dieser Phasen jedoch wird agil gearbeitet. Dies ermöglicht es, auf technologische Innovationen, geänderte Nutzeranforderungen oder unvorhergesehene geologische Bedingungen flexibel zu reagieren, ohne das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren.

Ein Paradebeispiel für diesen Ansatz ist das Jahrhundertprojekt der NEAT am Gotthard. Während der Tunnelbau selbst einer klaren, sequenziellen Logik folgte (Planung, Sondierung, Bohrung, Ausbau), wurden die Ziele und Technologien über die Jahrzehnte angepasst. So erhielt etwa der Personenverkehr mit der Zeit ein stärkeres Gewicht, was Anpassungen in der bahntechnischen Ausrüstung erforderte. Diese Flexibilität innerhalb eines stabilen Gesamtrahmens war ein entscheidender Erfolgsfaktor, wie die offizielle Projektdokumentation der AlpTransit Gotthard AG zeigt. Die Eröffnung der Basistunnel am Lötschberg (2007), Gotthard (2016) und Ceneri (2020) markieren die Meilensteine dieser erfolgreichen hybriden Strategie.

Grundlage jeder erfolgreichen Projektabwicklung ist eine klare, aus dem Kerngeschäft des Kunden heraus entwickelte Zieldefinition vor Planungsbeginn.

– Drees & Sommer Schweiz, Grossprojekte mit GCM

Ein hybrider Ansatz ist kein Kompromiss, sondern die intelligenteste Antwort auf die duale Herausforderung von Langfrist-Stabilität und Kurzfrist-Anpassungsfähigkeit in komplexen Vorhaben.

Wie schützen Sie Ihr Projekt vor den 5 schleichenden Veränderungen, die 90% der Grossprojekte entgleisen lassen?

Die grösste Gefahr für Langzeitprojekte sind nicht die plötzlichen Katastrophen, sondern die kaum wahrnehmbaren Veränderungen, die das Projekt über Jahre hinweg erodieren. Diese „schleichende Erosion“ lässt sich in fünf Kernbereiche unterteilen, gegen die Sie ein aktives Schutzschild errichten müssen. Erstens, der technologische Wandel: Eine heute hochmoderne IT-Lösung kann in drei Jahren veraltet sein. Zweitens, die regulatorische Drift: Neue Gesetze, Normen oder politische Auflagen können ganze Teilprojekte überflüssig machen oder neu definieren.

Drittens, und besonders kritisch, ist die ökonomische Volatilität. Inflation und Teuerung können ein ursprünglich solides Budget sprengen. Aktuelle Daten belegen dies eindrücklich: Allein seit 2021 mussten Infrastrukturprojekte in der Schweiz mit Kostensteigerungen von 17-23% kämpfen, wie eine Analyse des Schweizerischen Baumeisterverbands zeigt. Ohne indexierte Verträge und eingepreiste Teuerungsreserven ist ein Budgetkollaps vorprogrammiert. Viertens, die Stakeholder-Fluktuation: Schlüsselpersonen in Politik, Verwaltung und bei Partnerfirmen wechseln. Mit ihnen gehen Wissen, Zusagen und das Vertrauen in das Projekt verloren. Fünftens, der Ziel-Drift: Über die Jahre verschiebt sich der Fokus, neue „wichtige“ Zusatzanforderungen kommen hinzu, und das ursprüngliche Kernziel verwässert.

Kontinuierliche Projektsteuerung über mehrere Legislaturperioden

Der Schutz vor diesen Veränderungen erfordert ein proaktives Vertrags-, Risiko- und Stakeholder-Management. Ein erfahrenes Projektteam, faire Vertragskonzepte und höchste Standards im Qualitätsmanagement sind keine optionalen Extras, sondern die Grundpfeiler der Projekt-Resilienz. Es geht darum, strategische Kontinuität zu sichern, selbst wenn die Gesichter und Rahmenbedingungen um das Projekt herum wechseln. Ein kontinuierlicher, transparenter Dialog mit allen relevanten Akteuren ist dabei der Kitt, der das Vorhaben über die Jahre zusammenhält.

Kontrolle bedeutet hier nicht, sich gegen Wandel zu stemmen, sondern den Wandel so zu kanalisieren, dass er das Projekt stärkt, anstatt es zu schwächen.

Wie sichern Sie politische und finanzielle Unterstützung über Legislaturperioden und Budgetzyklen hinweg?

Ein mehrjähriges Grossprojekt ist nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein politisches Unterfangen. Die grösste Herausforderung besteht darin, die Unterstützung über Wahlen, Regierungswechsel und neue Budgetdebatten hinweg aufrechtzuerhalten. Der Schlüssel dazu ist die Verankerung des Projekts in einem übergeordneten, langfristigen strategischen Nutzen, der von parteipolitischen Kurzinteressen unabhängig ist. Das Projekt muss als unumgängliche Investition in die Zukunft des Landes oder der Region positioniert werden – sei es für die Wettbewerbsfähigkeit, die Lebensqualität oder die Sicherheit.

Die Schweiz beweist, dass dies möglich ist. Mit Investitionen in die Schieneninfrastruktur von 477 Euro pro Kopf im Jahr 2023 zeigt das Land einen beeindruckenden, langfristigen politischen Willen. Dieser Erfolg basiert auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens und cleveren Finanzierungsmechanismen wie dem FinöV-Fonds, der Projekte wie die NEAT über Jahrzehnte hinweg finanziell absicherte. Solche Fonds entkoppeln die Finanzierung von den jährlichen Budgetdebatten und schaffen so die nötige Planungssicherheit.

Eine transparente und kontinuierliche Kommunikation ist dabei unerlässlich. Sie müssen die „Story“ Ihres Projekts immer wieder neu erzählen und an die jeweiligen politischen Akteure anpassen. Zeigen Sie nicht nur auf, was das Projekt am Ende bringt, sondern machen Sie auch die Zwischenerfolge und den Nutzen einzelner Etappen sichtbar. Dies schafft regelmässig positive Nachrichten und legitimiert die laufenden Ausgaben. Die Finanzierungsstrategie der NEAT ist hierfür ein Lehrstück: Obwohl die effektiven Gesamtkosten von budgetierten 18,2 Mrd. CHF auf gut 23 Mrd. CHF stiegen, wurde das Projekt nie grundsätzlich infrage gestellt, weil der strategische Nutzen und die transparente Steuerung stets im Vordergrund standen, wie der Schlussbericht des Bundesamtes für Verkehr detailliert aufzeigt.

Am Ende sichert nicht das beste technische Konzept, sondern die stärkste strategische Verankerung das Überleben und den Erfolg eines Grossprojekts.

Wie skalieren Sie von 10 auf 50 Mitarbeitende ohne Chaos und Kontrollverlust?

Das Wachstum eines Projektteams von einem kleinen Kernteam auf eine grosse Organisation ist eine der heikelsten Phasen eines Grossprojekts. Ohne eine durchdachte Struktur führt die Skalierung unweigerlich zu Kommunikationschaos, unklaren Zuständigkeiten und einem massiven Verlust an Effizienz und Kontrolle. Der Schlüssel zur erfolgreichen Skalierung liegt nicht darin, einfach mehr Leute einzustellen, sondern darin, eine flexible und modulare Projektorganisation aufzubauen, die mit den Projektphasen mitwachsen kann.

Ein bewährtes Prinzip ist die konsequente Gliederung des Gesamtprojekts in klar definierte, überschaubare Teilprojekte und Arbeitspakete. Jedes Modul hat einen verantwortlichen Leiter, ein eigenes Budget und klar definierte Schnittstellen zu den anderen Modulen. Dies reduziert die Komplexität für den Einzelnen und stellt sicher, dass Entscheidungen auf der richtigen Ebene getroffen werden. Statt einer monolithischen, zentralisierten Struktur entsteht ein Netzwerk von agilen Einheiten, die koordiniert auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten.

Es ist empfehlenswert, Grossprojekte in einzelne sinnvoll gegliederte Teilprojekte zu gliedern – eine Segmentierung, die bis auf einzelne Arbeitspakete herunterreichen kann.

– Drees & Sommer, Grossprojekte mit GCM

Ein weiterer strategischer Hebel in der Schweiz ist die gezielte Integration von spezialisierten KMU als skalierbare Partner. Statt zu versuchen, jede Kompetenz intern aufzubauen, können Sie auf das dichte Netz hochqualifizierter Schweizer Ingenieurbüros und Fachfirmen zurückgreifen. Dies schafft nicht nur Flexibilität, sondern verankert das Projekt auch wirtschaftlich in der Region. Entscheidend ist hierbei ein strukturierter Onboarding-Prozess, der sicherstellt, dass neue Teammitglieder und Partner nicht nur ihre technische Aufgabe verstehen, sondern auch die Projekthistorie, die strategischen Ziele und die etablierten Kommunikationswege verinnerlichen.

Auditplan zur Skalierung Ihres Projektteams

  1. Strukturanalyse: Definieren Sie alle Schnittstellen und Kommunikationskanäle zwischen den wachsenden Teams und den etablierten Linienorganisationen.
  2. Partner-Inventar: Erstellen Sie eine Liste bestehender und potenzieller Schweizer KMU und Spezialisten, die als skalierbare Ressourcen dienen können.
  3. Prozess-Kohärenz: Überprüfen Sie, ob Ihre etablierten Projektmanagement-Prozesse (Reporting, Risikomanagement) für ein grösseres, dezentrales Team noch tauglich sind.
  4. Wissens-Transfer: Etablieren Sie einen Onboarding-Prozess, der die Projekthistorie, getroffene strategische Entscheidungen und die Projektkultur an neue Mitglieder vermittelt.
  5. Integrations-Roadmap: Erstellen Sie einen priorisierten Plan, welche Kompetenzen wann und in welcher Form (interner Aufbau vs. externe Partner) in das Projekt integriert werden müssen.

Kontrolle bei der Skalierung entsteht nicht durch mehr Regeln, sondern durch klarere Strukturen und geteilte Verantwortung.

Wie schaffen Sie in 3 Jahren persönliche Resilienz gegen die 5 wahrscheinlichsten globalen Schocks?

Als Projektleiter eines mehrjährigen Vorhabens sind Sie der menschliche Kern des „Projekt-Immunsystems“. Globale Schocks – seien es Pandemien, Lieferkettenkrisen, geopolitische Konflikte, plötzliche Zinswenden oder Cyberangriffe – treffen nicht nur Budgets und Zeitpläne, sondern vor allem Sie persönlich. Der Druck, unter extremer Unsicherheit weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen, ist immens. Persönliche Resilienz ist daher keine „Soft Skill“, sondern eine harte Kernkompetenz für das Management von Langfristprojekten.

Resilienz aufzubauen bedeutet, proaktiv persönliche „Puffer“ zu schaffen. Erstens, ein kognitiver Puffer: Investieren Sie kontinuierlich in Ihre Weiterbildung. Regelmässige Zertifizierungen (z.B. IPMA, PMP) halten Ihr Fachwissen aktuell, während der intellektuelle Austausch mit Experten aus anderen Branchen Ihnen neue Perspektiven und Lösungsansätze für unerwartete Probleme liefert. Zweitens, ein sozialer Puffer: Bauen Sie ein vertrauliches Netzwerk von Peers auf – andere Projektleiter von Grossprojekten. Dieser geschützte Raum ermöglicht es, Herausforderungen offen zu diskutieren und von den „Lessons Learned“ der anderen zu profitieren, abseits der öffentlichen und politischen Bühne.

Drittens, ein mentaler Puffer: Entwickeln Sie Strategien zur Stressbewältigung und Entscheidungsfindung unter Druck. Dazu gehört das Wissen um die eigenen kognitiven Verzerrungen (z.B. Bestätigungsfehler, Sunk-Cost-Fallacy) und das bewusste Einplanen von Reflexionsphasen. Erfahrungen von Führungskräften aus Projekten wie dem Gotthard-Basistunnel zeigen, dass die Fähigkeit, auch in Krisensituationen einen kühlen Kopf zu bewahren und das Team zusammenzuhalten, entscheidend ist. Diese Führungsstärke ist das Ergebnis bewusster Vorbereitung und nicht allein angeborener Talente.

Ein resilienter Leiter führt ein resilientes Projekt. In Zeiten permanenter Veränderung ist Ihre Fähigkeit zur Adaptation und Standhaftigkeit der entscheidende Anker.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Erfolg von Grossprojekten hängt weniger von der Perfektion des Anfangsplans als von der Resilienz des gesamten Projekt-Systems ab.
  • Proaktive Frühwarnsysteme, die „schwache Signale“ erkennen, sind entscheidend, um die schleichende Erosion von Budgets und Zielen zu stoppen.
  • Strategische Kontinuität über politische und budgetäre Zyklen hinweg ist das oberste Ziel und erfordert konstantes Stakeholder-Management.

Wie wachsen Sie profitabel ohne die Kontrolle und Qualität zu verlieren?

Die erfolgreiche Realisierung eines Grossprojekts ist nicht nur ein betriebswirtschaftlicher, sondern auch ein volkswirtschaftlicher Gewinn. Umgekehrt führt ein Scheitern oder eine massive Verzögerung zu enormen Kosten für die Gesellschaft. Eine Studie im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung beziffert allein den jährlichen Wohlfahrtsverlust durch überlastete Strasseninfrastruktur auf rund 33 Millionen Franken im Jahr 2019. Profitables Wachstum im Kontext von Infrastrukturprojekten bedeutet also, den versprochenen gesellschaftlichen Nutzen termingerecht und im Kostenrahmen zu realisieren.

Der Schlüssel dazu liegt in der Erkenntnis, dass Kontrolle und Qualität nicht die Feinde des Wachstums sind, sondern dessen Voraussetzung. Ein Projekt, das seine Kosten und Termine im Griff hat, erhält leichter weitere Finanzmittel und politische Unterstützung für zukünftige Etappen oder Folgeprojekte. Qualität in der Ausführung minimiert teure Nacharbeiten, reduziert Betriebs- und Wartungskosten und sichert die langfristige Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung. Wachstum um jeden Preis, bei dem Qualität und Kontrolle geopfert werden, führt unweigerlich in eine Schuldenspirale und zum Vertrauensverlust.

Die Schweiz hat hierfür institutionalisierte Werkzeuge entwickelt, die genau dieses Prinzip untermauern. Wie Experten in „Die Volkswirtschaft“ ausführen, ist die Anwendung von standardisierten Bewertungsverfahren wie Nistra (für die Strasse) und Niba (für die Bahn) für Projekte auf Bundesebene heute die Regel. Diese umfassen eine strenge Kosten-Nutzen-Analyse, die sicherstellt, dass nur volkswirtschaftlich sinnvolle Projekte realisiert werden. Dieser Fokus auf den nachweisbaren Nutzen ist die beste Garantie für ein profitables, weil zielgerichtetes, Wachstum.

Die Zweckmässigkeit neuer Infrastrukturvorhaben wird unter anderem mit volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analysen ermittelt. Die Anwendung der Bewertungsverfahren […] mit der darin enthaltenen Kosten-Nutzen-Analyse ist für Projekte auf Bundesebene heute die Regel.

– Frank Bruns, Benjamin Buser, Die Volkswirtschaft

Die Balance zwischen Expansion und Stabilität ist der Kern profitablen Wachstums. Ein profitables Wachstum ohne Kontrollverlust ist das Ergebnis disziplinierter und nutzenorientierter Steuerung.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien anzuwenden, um nicht nur Ihr nächstes Projekt zu steuern, sondern ein System für dauerhaften und volkswirtschaftlich profitablen Erfolg zu etablieren.

Häufig gestellte Fragen zur Steuerung von Grossprojekten

Wie lange dauerte das Gotthard-Basistunnel-Projekt insgesamt?

Die Realisierung des Gotthard-Basistunnels nahm fast zwei Jahrzehnte in Anspruch und kostete rund 11 Milliarden Euro.

Welche Rolle spielt kontinuierliche Weiterbildung für Projektleiter?

Regelmässige Zertifizierungen (IPMA, PMP) und der Austausch mit Peers aus anderen Grossprojekten sind essentiell, um mit den komplexen Herausforderungen umgehen zu können und die persönliche Resilienz zu stärken.

Wie wichtig ist ein persönliches Netzwerk für Projektleiter?

Ein vertrauliches Netzwerk von Peers ermöglicht den Austausch über Herausforderungen und „lessons learned“ abseits der Öffentlichkeit. Es ist ein entscheidender Faktor für die persönliche Stabilität und die Lösungsfindung in kritischen Projektphasen.

Geschrieben von Daniel Fischer, Daniel Fischer ist seit 18 Jahren als Strategieberater für Schweizer KMU tätig und hat über 150 Unternehmen durch Innovationsprozesse, Wachstumsphasen und disruptive Marktveränderungen begleitet. Er ist Inhaber eines MBA der Universität St. Gallen und zertifizierter Experte für Lean Innovation und agile Organisationsentwicklung.